Brüchige, bröckelige Hufe
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Brüchige, bröckelige Hufe - der Beschlag hält nicht!

Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.

Die Veranlagung zur Entstehung von brüchigem und mürbem Hufhorn ist meist in der Beschaffenheit der Huflederhaut begründet.

Die Huflederhaut (in der Umgangssprache „das Leben“ genannt) ist Teil der äußeren Haut des Pferdes und erzeugt an Stelle von Haaren das Hufhorn.
Nach ihrer unterschiedlichen lokalen Lage und Beschaffenheit wird die Huflederhaut in 5 Teile eingeteilt:
Saumlederhaut, Kronlederhaut,Wandlederhaut, Sohlenlederhaut und Strahllederhaut.

Die Saumlederhaut stellt den Übergang von der Haarhaut zur Huflederhaut her.
Sie liegt am Kronenrand und hat die Form einer 5 Millimeter breiten Rinne. Ihre Oberfläche ist mit ca. 2 Millimeter langen, sehr feinen Zöttchen bedeckt, die den Hornsaum produzieren der dann als dünne Glasurschicht mit der Hornwand erdbodenwärts wächst.

Die Kronlederhaut schließt sich nach unten der Saumlederhaut an. Sie folgt ebenfalls dem Kronenrand und hat die Form eines etwa fingerdicken Wulstes, auch Kronenwulst genannt. Seine Dicke nimmt zu den Trachten hin ab, und biegt an den Trachtenecken spitzwinkelig nach innen zum Strahl um und wird ab hier Kronenrandeckstrebe genannt. Die Dicke des Kronenwulstes bestimmt die Dicke der Hornwand. Die Oberfläche der Kronlederhaut ist mit ca. 5 Millimeter langen Zöttchen bedeckt. Sie bildet ein sehr festes Horn in Form von Röhrchen. Am Grund der Zöttchenzwischenräume wird Kitthorn erzeugt das die Hornröhrchen miteinander verbindet, und so eine feste Hornschicht die sogenannte Hornwand bildet, die durch permanente Neubildung bodenwärts wächst.

Die Wandlederhaut schließt sich wiederum der Kronlederhaut unterhalb des Kronenwulstes an, und nimmt die gesamte Fläche unter der Hornwand ein. Ihre Oberfläche ist gefächert, ähnlich der Unterseite eines Fächerpilzes. Die einzelnen Blättchen sind sehr fein und verlaufen nebeneinander oben von der Krone  nach unten. Diese Blättchen schaffen eine sehr große Anheftungsfläche für die Verbindung der Wandlederhaut mit der Hornwand. Die Wandlederhaut produziert ein helles weiches Kitthorn, womit sie sich mit der Hornwand verbindet. Dieses speckig aussehende Kitthorn, auch Blättchenhorn genannt, erscheint unten am Tragerand zwischen Hornwand und Hornsohle als sogenannte „weiße Linie“.

Die Sohlenlederhaut bedeckt den Sohlenteil des Hufbeines und produziert mittels Zöttchen ähnlich der Kronlederhaut hartes Röhrchenhorn, das ebenfalls mit Kitthorn verbunden wird und die Hornsohle bildet.

Die Strahllederhaut bedeckt das Strahlpolster und erzeugt mit seinen sehr feinen Zöttchen das weiche Strahlhorn, welches fließend an den Ballen auf der Hinterseite des Hufes in das Saumband übergeht.

Die verschiedenen Lederhautteile erzeugen also unterschiedliches Horn: Harthorn und Weichhorn.

Aus Harthorn bestehen nur die von den Kronlederhautzöttchen und Sohlenlederhautzöttchen erzeugten Hornröhrchen der Hornwand und Hornsohle. Alles andere Horn ist Weichhorn.

Das Harthorn kann kaum Wasser aufnehmen, das Weichhorn dagegen ist stark wasseraufnahmefähig d. h. quellfähig.

Die Anzahl der Zöttchen bzw. Blättchen der unterschiedlichen Lederhautteile ist bei allen Hufgrößen annähernd gleich groß, deren Stärke bzw. Größe kann jedoch erblich bedingt sehr unterschiedlich sein.

Daraus ergibt sich, daß Pferde mit kleinen Hufen aufgrund der relativ großen Dichte der Zöttchen auf der Huflederhaut meist sehr harte und wiederstandsfähige Hufe haben. Brüchige, bröckelige Hufe kommen bei diesen Pferden äußerst selten vor (Wildpferde und Zebras haben immer kleine Hufe).


Bei Pferden mit großen Hufen ist die relative Dichte der Zöttchen geringer, da sich etwa die gleiche Anzahl von Zöttchen auf  eine größere Oberfläche verteilt. Jedoch sind bei diesen Hufen die Zöttchen meist dicker und größer als bei kleinen Hufen, wodurch dickeres Röhrchenhorn produziert wird. Deshalb besitzen auch diese Pferde in der Regel Hufe mit ausreichender Härte und Wiederstandsfähigkeit.

Sind jedoch die Zöttchen bei geringer Dichte auch noch verhältnismäßig dünn, produzieren diese dünneres Röhrchenhorn. Dieses führt zu größeren Abständen zwischen den Hornröhrchen, die dann um die Hornröhrchen miteinander zu verbinden, mit mehr weichem Kitthorn ausgefüllt werden.

Hier ist die Veranlagung von brüchigen und bröckeligen Hufen begründet. Denn der größere Anteil von weichem, quellfähigem Kitthorn erhöht deren Wasseraufnahmefähigkeit. Dadurch wird die Festigkeit der Hornwand, insbesondere bei übermäßigem Feuchtigkeitskontakt, erheblich verringert.

Anhaltender hoher Feuchtigkeitsgehalt in der Hornwand führt zur Aufweichung, Fäulnisbildung und Zersetzung im weichen Kitthorn. Die Hornröhrchen sind nicht mehr ausreichend fest miteinander verbunden, die Hornwand zerbröckelt bzw. bricht aus. Man kann bei genauerem betrachten der bröckeligen Hornwand pinselartige Fasern feststellen. Dies sind die harten Hornröhrchen, die durch Zersetzung des weichen Kitthorns nicht mehr miteinander verbunden sind.

Durch mangelhaften Hufbeschlag (Nagelung neben der weißen Linie durch schlecht angepaßte Hufeisen, zu niedrige Nagelung, zu dicke Hufnägel) wird die Situation noch zusätzlich verschlechtert. Die Hufeisen fallen schon nach kurzer Zeit ab ,und es geht dabei meist unnötig viel Hornwand verloren, was ein dauerhaftes wiederaufnageln nahezu unmöglich macht.

Auffällig bei solchen Hufen ist, daß die Hornwand meist nur im unteren Bereich des Hufes bis zu einer Höhe von ca. 1-2 cm am Tragerand brüchig bzw. mürbe wird. Das Horn darüber befindet sich in gutem Zustand.

Zur Behandlung solcher Hufe ist es von größter Bedeutung, die begünstigenden Verhältnisse
zu beseitigen, die der übermäßigen Feuchtigkeitsaufnahme der Hufe Vorschub leisten, und zur Fäulnisbildung und Zersetzung des Kitthornes führen. Die natürliche Beschaffenheit der Huflederhaut kann nicht verändert werden.

Die Hufe sind sauber und trocken zu halten. Es muß sehr auf die Stallhygiene geachtet werden. Das Pferd soll möglichst nur auf saubere und trockene Koppeln oder Paddocks gebracht werden.

Nach dem ordentlichen Zurichten der Hufe für den Beschlag ist das brüchige Zerfallshorn größtenteils entfernt. Die Hufeisen müssen dann äußerst genau und gewissenhaft angepaßt werden, so daß alle Nagellöcher genau auf die weiße Linie treffen. Nur so ist es möglich, gefahrlos für das Pferd, die Hufnägel so hoch zu plazieren, daß sie dauerhaft für eine ganze Beschlagperiode im gesunden Hufhorn halt finden. Außerdem sollen die Hufnägel im Verhältnis zur Länge dünner sein als üblich (z.B.: Typ IC / E / E Slim verwenden).                                       

Der Beschlagsintervall soll 7 Wochen nicht überschreiten, da sonst die Nieten der Hufnägel durch das Hufwachstum zu weit nach unten geschoben werden und in den Bereich des mürbe werdenden Tragerandes geraten. Die Folge währe ein erneutes ausbrechen des Tragerandes mit massivem Hornverlust beim abbrechen des Hufeisens.

Beim abnehmen des Hufeisens muß besonders vorsichtig vorgegangen werden. Die Hufnägel müssen mit der Nietklinge aufgenietet und möglichst einzeln herausgezogen werden, um ein Ausbrechen des Tragerandes zu verhindern.

Ist der Tragerand so stark ausgebrochen, daß ein dauerhaftes aufnageln eines Hufeisens nicht mehr möglich ist, hilft das Anbringen von Klebehufschuhen für die Dauer von 1-2 Beschlagperioden. Während dessen ist wieder genügend Hornsubstanz nachgewachsen, so daß man danach wieder zum wesentlich preisgünstigeren Eisenbeschlag, unter Beachtung o.g. Kriterien zurückkehren kann.


Fazit:

Da die schlechte Hornqualität der Hufe meist durch die erblich bedingte Beschaffenheit der Huflederhaut verursacht wird, kann in diesen Fällen mit Futterzusätzen (eine ausgewogene Fütterung wird ohnehin vorausgesetzt) keine nennenswerte Verbesserung erzielt werden.

Dagegen erreichen Sie durch einen äußerst genau und gewissenhaft ausgeführten Hufbeschlag, der Einhaltung einer Beschlagsperiode von nicht mehr als 7 Wochen, und einer regelmäßigen Hufpflege eine bestmögliche Verbesserung der Hufe Ihres Pferdes.

Ihr Pferd wird dadurch genauso Einsatz- und Leistungsfähig sein wie andere Pferde mit natürlicher guter Hornqualität.


Bernhard Mayr

staatlich geprüfter
Hufbeschlagschmied / Maschinenbaumeister
 

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