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Ursachen für die Widersetzlichkeit und Nervosität mancher Pferde bei der Hufpflege und beim Beschlagen sind ängstliche,
nervöse und ungeübte Pferdebesitzer bzw. Aufhalter, grobe und hektische Schmiede, sowie ungeeignete Beschlagplätze, an denen während der Beschlagshandlung andere Pferde vorbeigeführt werden, gefüttert werden oder
das zu beschlagende Pferd Sichtkontakt zu freilaufenden Pferden hat. Eine weitere Ursache kann auch das falsche Aufhalten der Hufe sein, wodurch das Pferd sich nicht auf 3 Gliedmaßen ausbalancieren kann und
sich deshalb der Handlung widersetzt. Dies ist häufig der Fall, dabei wird dann fälschlicherweise das Pferd „bestraft“ und so vollends verdorben.
Um dem Pferd seine Nervosität zu nehmen beseitigen Sie zuerst
die oben genannten Ursachen. D. h., schaffen Sie einen Beschlagplatz an dem absolute Ruhe herrscht, der sauber und hell ist, genügend Platz und Ausweichmöglichkeiten für Schmied und Aufheber bietet und an dem kein
Sichtkontakt zu anderen Pferden besteht. Steht Ihnen ein solcher Beschlagplatz nicht zur Verfügung, sollten Sie Ihr Pferd zu einem Hufschmied bringen, der Ihnen eine geeignete Beschlagwerkstatt bietet.
Des
weiteren sorgen Sie dafür, daß jede hektische und grobe Handlung am und um das Pferd unterbleibt, denn Hektik überträgt sich sofort auf das Pferd und macht ein ordentliches Arbeiten am Pferd schwer oder gar
unmöglich.
Sie und Ihr Hufschmied können das Vertrauen des Pferdes nur gewinnen, wenn Sie es mental dominieren, d. h. Sie müssen dem Pferd durch selbstbewußtes und bestimmtes Auftreten, aber ohne
Gewalteinwirkung, als Herdenführer erscheinen. Dann wird sich das Pferd sicher fühlen und seine Nervosität verlieren.
Legen Sie beim Umgang mit dem Pferd immer seinen Herdentrieb zugrunde, denn dieser ist
neben dem Fluchtreflex die elementarste Verhaltensweise aller Pferde. Eine Herde ist hierarchisch aufgebaut, wobei das stärkste Tier der Herdenführer ist, und die Verantwortung für alle Herdenmitglieder und deren
Fortbestand trägt. Daraus resultiert das Vertrauen der rangniederen Pferde in das Leittier.
Sind die Kräfteverhältnisse nicht offensichtlich eindeutig geklärt, werden die rangniederen Pferde das Vertrauen in
das Leittier verlieren und es wird zu Machtkämpfen kommen bis ein eindeutiger Sieger feststeht, der in der Lage ist die Herde zu Führen.
Beeindrucken Sie Ihr Pferd also durch selbstbewußtes Auftreten so,
daß es von Anfang an Vertrauen zu Ihnen hat und es erst gar nicht zu einem Machtkampf kommt.
Versuchen Sie nicht einem nervösen Pferd mit roher Gewalt Ihren Willen aufzuzwingen. Dieses löst nur einen
Fluchtreflex aus, mit dem sich das Pferd aus der ihm äußerst unangenehmen Situation befreien will. Dies kann für alle Beteiligten zur Lebensgefahr werden und das Pferd dauerhaft verderben.
Schwierige Pferde
werden nicht geboren, sondern von unerfahrenen bzw. ungeeigneten Menschen gemacht.
Gehen Sie auch beim Hufe-Aufhalten äußerst behutsam und ruhig mit dem Pferd um und halten Sie den Huf mit den Händen am
Fesselbein fest. Die Gliedmaße selbst soll dabei möglichst locker bleiben und nur durch das Anlehnen des Karpalgelenkes bzw. des Röhrbeins (der Hintergliedmaße) an Ihren Oberschenkel am Wegziehen nach vorne
gehindert werden.
Stellen Sie Ihren äußeren Fuß etwas breitbeinig nach hinten, so daß Sie einen sicheren und bequemen Stand haben. Halten Sie den Huf so auf, daß das Pferd auf drei Beinen ausbalanciert und
entspannt steht. Versuchen Sie nicht die aufgehaltene Gliedmaße zur Seite wegzuziehen oder das Karpalgelenk zwischen die Beine zu nehmen. Dadurch fühlt sich das Pferd zu sehr eingeengt und bringt es aus seiner
Balance, was meißt sofortige Abwehrreaktionen auslöst.
Wenn Sie eine Hufaufhalteschlinge (im Fachhandel erhältlich) als Hilfsmittel verwenden, wird Ihre Wirbelsäule durch die dadurch mögliche aufrechte
Haltung des Rückens erheblich entlastet und ermöglicht Ihnen so ein korrektes, für Sie und das Pferd angenehmes Aufhalten der Hufe.
Die Verwendung eine Hufaufhalteschlinge dient zugleich der Unfallverhütung,
da der Aufheber durch wesentlich geringeren Kraftaufwand besser aufhalten und im Notfall besser ausweichen kann.
Auch ist es angebracht, ein schwieriges Pferd nicht anzubinden, sondern es von einer
sachkundigen dritten Person mittels eines Führstrickes (evtl. auch Trense) am Kopf halten zu lassen. Dabei kann das Pferd von dieser Person abgelenkt und beruhigt werden.
Eine Fütterung des Pferdes mit
„Leckerli“, wie z. B. Karotten und dergleichen zur Ablenkung während der Beschlagshandlung sollten Sie tunlichst vermeiden, da das Pferd dadurch zum Betteln erzogen wird und erst recht unruhig wird.
Fazit:
Wenn Sie das Pferd einfühlsam und mit Sachverstand behandeln und auch die obengenannten räumlichen Voraussetzungen gegeben sind, werden Sie auch bei schwierigen Pferden in den meisten Fällen auf
Zwangsmittel (erlaubte Zwangsmittel: „Oberlippenbremse“, „Schweif-Fessel-Band“, „Plattlonge“) und medikamentöse Beruhigungsmittel verzichten können.
Diese sollte ohnehin nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn
alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, angewandt werden und sollen nur von erfahrenen Personen ausgeführt werden.
Hierbei müssen aber unbedingt die Grundsätze des Tierschutzes eingehalten und die
Erhaltung der Gesundheit des Pferdes beachtet werden.
Bernhard Mayr
staatlich geprüfter Hufbeschlagschmied / Maschinenbaumeister
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